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  • AutorenbildMarcel Rößner

Die neue Sau im Dorf? Warum regeneratives Wirtschaften so wichtig ist.

Aktualisiert: 13. Aug. 2023

Bisher gibt es keinen allgemeinen Konsens über Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Eine mögliche Definition ist, freiwillig die ökologischen und sozialen Belange in einem Unternehmen höher als die finanziellen Belange zu werten.[1]

Natürlich gibt es inzwischen eine Reihe an regulatorischen Rahmenbedingungen, die immer stärker auf Unternehmen einwirken. Diese führen dann oft zu reaktiven Maßnahmen der Unternehmen, unabhängig von sinnvollen strukturellen Änderungen. Noch dazu sind solche Maßnahmen oft bei weitem nicht geeignet, um den planetaren Grenzen wirklich Rechnung zu tragen. Obwohl auch kleine Schritte wichtig sind, sollte es jedoch eigentlich um aktive Partizipation und Gestaltung bei der Bewältigung der sozio-ökologischen Herausforderungen in den Unternehmen gehen. Dabei kann Nachhaltigkeit als wirtschaftlicher Vorteil genutzt werden. Hierfür ist es hilfreich, das "Wirrwarr" der Begriffe rund um Nachhaltigkeit etwas aufzubrechen. Zur Einordnung dient das folgende Modell in Abbildung 1.


Phasen des ökologischen Designs und Entwicklung von der Degeneration zur Regeneration
Phasen des ökologischen Designs und Entwicklung von der Degeneration zur Regeneration

Abbildung 1 [2]


Auf den ersten Blick teilt sich das Bild in zwei Bereiche. Dabei steht die linke Seite für Degeneration. Ein Bereich in dem sich die Bedingungen der Umwelt immer weiter verschlechtert. Die rechte Seite steht für Regeneration. Hier richtet sich alles Wirken auf das Leben aus. Während degenerative Vorgehensweisen mehr Energie und damit auch mehr finanzielle Mittel benötigen, kann regeneratives Wirtschaften mit weniger Energie und Betriebskosten auskommen.

In diesem Modell wird der Begriff der Nachhaltigkeit als ein Zustand dargestellt, der sich kurz vor dem Nullpunkt des Koordinatensystems auf der linken Seite der y-Achse befindet.


Nachhaltigkeit bedeutet, die Dinge weniger schlecht zu machen.

Daher bedeutet Nachhaltigkeit nach dieser Interpretation, die Dinge im gleichen Systemdesign weniger schlecht zu machen. Während auf der linken Seite das wirtschaftliche Handeln auf den Menschen ausgerichtet ist, und damit dem anthropozentrischen Weltbild folgt, so folgt die rechte Seite dem biozentrischen Weltbild, welche auf die gesamte Natur ausgerichtet ist.[3]


Sind die Sustainable Development Goals (SGDs) weiterhin wichtig und richtig?

Momentanes Aushängeschild zur Ausrichtung vieler Unternehmen sind die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen. Viele Nachhaltigkeitsstrategien und -initativen von Unternehmen werden an ihnen ausgerichtet. Daniel Christian Wahl, Designer für regenerative Kulturen, stellt sie repräsentativ in den Mittelpunkt dieser Darstellung (siehe Abbildung 2).


Die SDGs der United Nations als Brücke zwischen der degenerativen und regenerativen Welt
Die SDGs der United Nations als Brücke zwischen der degenerativen und regenerativen Welt

Abbildung 2 (eigene Darstellung)[4]


Die SDGs verdeutlichen den Status der Nachhaltigkeit als Brücke. Seiner Auffassung nach ermöglichen die 17 Ziele der United Nations Anlass für Gespräche und Partnerschaften, um diese Brücke in Richtung einer wiederherstellenden und regenerativen Welt zu überqueren.[5] Sie bilden damit eine Grundlage. Denn Stufen der Wiederherstellung (Restoration) und der Regeneration können nicht ohne die Reduzierung möglicher verursachter Schäden auf der linken Seite der Darstellung erreicht werden.[6] Die eingehende Frage kann also definitiv mit „JA!“ beantwortet werden.


Wonach sollte sich mein Unternehmen beim Thema Nachhaltigkeit ausrichten?

Hart aber wahr: Die Reduzierung von verursachten Schäden allein ist nicht ausreichend.[7] Auch wenn Organisationen sich gerade stark an den Zielen der United Nations ausrichten, sollte der neue Leitstern die Idee des Living System Designs auf der rechten Seite der Darstellung sein. Hier gibt es insgesamt vier Stufen, wovon auf Abbildung 2 nur zwei abgebildet sind: restorativ und regenerativ. Eine weitere Unterteilung kann Sinn machen, da die beiden nicht abgebildeten, biophile und biometrische Ansätze, weiterhin einem anthropozentrischen Weltbild unterliegen. Diese beiden Zustände sind zwischen „Sustainable“ und „Restorative“ zu verorten. Sie wollen Natur weiter lediglich funktional nutzen.[8] Interessant für die Ausrichtung auf die Natur sind die zwei verbleibenden Stufen. Restoration (eng. für Wiederherstellung) und Regeneration. Sie werden vom biozentrischen Verständnis geleitet. Das bedeutet, dass sie im Wesentlichen von einem ökologischen Verständnis abgeleitet werden.

Der Mensch ist nach dieser Denkweise nur noch ein Teil der Natur und nicht mehr die Mitte allen Geschehens.[9]

Wie kann Restoration in Unternehmen aussehen?


Restorative Ansätze wollen bestehende Systeme in einen Zustand der Gesundheit versetzen und diese wiederherstellen. Es wird anerkannt, dass der Mensch eine Rolle in diesen Systemen spielt. Es wird daher durch Eingreifen in Teilsysteme ein wesentlicher Teil der ursprünglichen Funktion, wie z.B. Feuchtgebiete, Wälder, o.ä. wiederhergestellt. Der Mensch beendet jedoch seinen Eingriff, sobald die Fähigkeit des Teilsystems sich selbst zu organisieren wieder in Gang gesetzt wurde.


Wie kann regeneratives Wirtschaften aussehen?


Regenerative Ansätze erkennen an, dass Menschen und menschliche Entwicklungen, soziale Strukturen und kulturelle Belange ein inhärenter Teil von Ökosystemen sind. Der Mensch ist daher ein wichtiger integraler Faktor der Gesundheit der lebenden Systeme der Erde. Es hängt also davon ab, ob er als Partner oder als Ausbeuter auf ihr lebt. Regeneration beinhaltet daher die Fähigkeit, ein System im Laufe der Zeit unter wechselnden Umweltbedingungen zu verbessern und grundsätzlich positiv zu gestalten. Die Autoren bezeichnen das als einen Prozess des Bio-Werdens, zur Entwicklung eines ganzen Systems von miteinander verbundenem lebendigem Bewusstsein eines neuen Geistes.[10]

Regeneration bedeutet, die Dinge grundsätzlich positiv zu gestalten.

Zum Weiterdenken und Mitdiskutieren: Eigentlich alle neuen Methoden und Frameworks zur Produkt- und Geschäftsmodellentwicklung wie Design Thinking oder Scrum, die in heutigen Zeiten wahnsinnig viel Aufmerksamkeit genießen stellen ausschließlich den Menschen in den Mittelpunkt. Das ist sicherlich die erste wichtige Revolution in der Geschichte der Menschheit. Wäre es nicht an der Zeit, hier generell eine Anpassung vorzunehmen, um die Natur und die Lebensgrundlage der Menschen zu berücksichtigen?

[1] vgl. Hahn/Tampe (2020), S. 457f. [2] Reed/Mang (2012) [3] vgl. Reed/Mang (2017), S. 14 [4] vgl. Wahl (2019) [5] vgl. Wahl (2019) [6] vgl. Reed/Mang (2017), S. 12 [7] vgl. Reed/Mang (2017), S. 12 [8] vgl. Reed/Mang (2017), S. 15 [9] vgl. Reed/Mang (2017), S. 15 [10] vgl. Reed/Mang (2017), S. 15

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