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  • AutorenbildMarcel Rößner

Regenerative Unternehmen: Die Geschichte zur Entstehung der wachsenden Idee

Frühe Entwicklungen für nachhaltiges Gedankengut gab es schon in den 1880er Jahren. Erst mit dem Buch „The Garden Cities of Tomorrow“ von Lewis Mumford wurde 1902 eine erste Idee ökologischen Denkens in der Umsetzung menschlicher Siedlungen beschrieben. Es zielte darauf ab, Natur und Mensch wieder zu verbinden und stellte natürliche Prozesse in den Vordergrund, um die Gesundheit des Gesamtsystems zu fördern. Seine Idee der utopischen Stadt legte den Grundstein für die Gartenstadtbewegung und die Errichtung mehrerer Gartenstädte in Großbritannien im frühen 20. Jahrhundert. [1]

Darstellung einer regenerativen Stadt die in Beziehung zur Natur steht
Abbildung 1: Abstrakte Vorstellung einer regenerativen Stadt in Beziehung zur Natur (eigene Darstellung)

1935 wurde von Arthur Tansley das Ökosystemkonzept entwickelt. Er schlug den Begriff des Ökosystems als Bezeichnung für das interaktive System zwischen Lebewesen und dem unbelebten Lebensraum vor, um die Komplexität der Natur sowie die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten wissenschaftlich fundiert untersuchen zu können. Ab den 1950er Jahren legten Eugene und Howard Odum den Grundstein für die Ökologie als Wissenschaft, auf Basis des Konzepts des Ökosystems, welche auf der grundlegenden Ordnungsstruktur der Natur basiert. Später in den 1960er Jahren entwickelte der Systemtheoretiker Charles Krone das lebendige Systemdenken als eine Entwicklungstechnologie zur Verbesserung des konventionellen Systemdenkens. Seine Arbeiten dienen als Grundlage der ab den 1990er Jahren entwickelten regenerativen Entwicklungsprozesse- und Technologien.[2]


Ist regeneratives wirtschaften von indigenen Völkern inspiriert?


1978 wurde der Begriff Permakultur von Bill Mollison und seinen Studenten geprägt. Die Abkürzung setzt sich zusammen aus der permanenten landwirtschaftlichen Kultur. Durch Erzeugung eines Überschusses an Energie und Ressourcen, können in der Permakultur die natürlichen und menschlichen Lebenssysteme reinvestiert werden, um diese als Ganzes weiterzuentwickeln. Ein großer Teil dieser Ideen stammt aus den Beziehungen der indigenen Völker zu deren Ökosysteme.[3] Zum Beispiel wird von indigenen Völkern in Alaska berichtet, welche die Idee von Naturparks zum Schutz alter Wälder verspotteten. Sie nutzten die Wälder lieber für wirtschaftliche Aktivitäten, welche sie in einer symbiotischen Beziehung auslebten.[4] Laut UN-Generalsektretär Antonio Guterres, sind indigene Völker seit Jahrtausenden Pioniere bei der nachhaltigen Landbewirtschaftung und der Anpassung an den Klimawandel, auch wenn sie heute unter den Folgen der Veränderung der klimatischen Bedingungen am stärksten leiden.[5] Eine weitere Übersetzung der Permakultur ist die Transition Town Bewegung. Sie gestaltet seit 2006 Umwelt- und Nachhaltigkeits­initiativen in vielen Städten und Gemeinden der Welt, um den geplanten Übergang in eine postfossile, relokalisierte Wirtschaft zu meistern. Initiiert wurde die Bewegung u. a. von dem irischen Permakulturalisten Rob Hopkins. In Deutschland gibt es über 100 Initiativen, die sich zum größten Teil noch in der Gründungsphase befinden. Die erste deutsche Initiative war die Transition Town Friedrichshain-Kreuzberg. Die Ziele einzelner Transition-Gruppen haben sich seit 2006 in verschiedenste Richtungen weiterentwickelt.[6] Mehr zum Thema Transition Town hier.


Woher stammt die Verbindung von Regeneration mit der Wirtschaft?


In den 1980ern wurde von Robert Rodale der Begriff „regenerativ“ in Bezug auf die Landnutzung weiterentwickelt. Seine Bestrebung war es, mit der Landwirtschaft über die Nachhaltigkeit hinauszugehen und den amerikanischen Geist zu regenerieren und auf ein höheres Niveau zu bringen. Rodale nutzte den Begriff der Regeneration, um die kontinuierliche organische Erneuerung des komplexen lebenden Systems zu beschreiben. Später wandte er dasselbe Prinzip der ständigen Selbsterneuerung auf die regenerative Wirtschaftsentwicklung an.“[7] Im Jahre 1994 gründete John Tillman Lyle das Center for Regenerative Design an der California State Polytechnic University, Pomona, um Theorie und Praxis des regenerativen Designs zu testen und weiterzuentwickeln. Sein Buch „Regenerative Design for Sustainable Development“ ist die erste umfassende Darstellung und das erste Handbuch für regeneratives Design. Lyle war auf Grund der Umweltzerstörung im 20. Jahrhundert zutiefst besorgt. Die degenerativen Muster, die durch lineare, einseitige Abläufe verursacht wurden, erforderten seiner Meinung nach einen anderen Ansatz, den er regeneratives Design nannte. Um dies umzukehren, benannte er als erste Aufgabe, degenerative Systeme aus der Industrialisierung neuzugestalten. Trotzdem ging sein Verständnis weit über die operativen Ziele hinaus und er sah das Herzstück seiner Arbeit im bewussten Gestalten ganzer Ökosysteme im Stile des regenerativen Designs. Die Definition des Begriffs der Regeneration im Sinne von „sich selbst erneuernd“ wurde für viele Architekten und Landschaftsarchitekten zum Schwerpunkt regenerativer Gestaltung.[8]


Wie entstand die Idee von regenerativen Unternehmen?


Die meisten Anwendungen der regenerativen Nachhaltigkeit sind in der Städteplanung an der Schnittstelle zwischen Stadtverwaltungen und privaten Wirtschaftsakteuren. Konkrete Beispiele existieren bei der Eindämmung des Hochwasserrisikos in Rotterdam und Hongkong, beim Management von städtischem Regenwasser in Benaguasil in Spanien oder bei der Rückgewinnung von Phosphor aus Wasserströmen in Singapur und San Francisco. Seit Mitte der 2010er Jahre entstand eine wachsende Zahl von Zeitschriften, Büchern und Konferenzen sowie Dutzende von Videos über regeneratives Design und Entwicklung mit dem zunehmenden Interesse, Regeneration als Mittel zur Transformation von Nachhaltigkeit und grünen Praktiken zu nutzen.[9] Der Begriff der Regeneration kann heute durch seinen inhärenten Systemansatz als nützliche Grundlage für die Neukonzeptionierung und Ausrichtung der unternehmerischen Nachhaltigkeit auf die systemischen Wurzeln eines Unternehmens genutzt werden.[10] Worin der Unterschied von Regeneration und Nachhaltigkeit besteht, habe ich hier beschrieben.


Laut Prof. Dr. Christian Schmidkonz von der Munich Business School kann die einzig sinnvolle Form eines zukunftsorientierten Unternehmens heute nur noch regenerativ sein. Denn neben der Tatsache, dass ein solches Unternehmen keinen Schaden anrichtet, repariert es Schäden, die in den vergangenen Jahrhunderten durch unternehmerisches Handeln entstanden sind.[11]


Am Ende ist noch zu sagen: Wie auch in der frühen Literatur der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft, leidet die Literatur zur regenerativen Wirtschaft noch daran, nur auf Grundsätzen basierend und zu programmatisch zu sein. So gibt es Kritik bei der Umsetzbarkeit des Konzeptes, da es rein symbolischer Natur sei und nur im Agrarsektor wirkliche Anwendung finden könne.[12] Inzwischen gibt es eine Reihe an realen Unternehmensbeispielen, welche die regenerativen Muster aufzeigen.


Auch wenn Antonio Guterres vor allem die Staaten in der Pflicht sieht[13], ist es dennoch sinnvoll von allen Richtungen zu arbeiten und eine Balance zwischen den gesellschaftlichen und planetaren Grenzen zu bemühen. In unseren Augen auch von der unternehmerischen Seite.


Lasst uns in einem der folgenden Blogbeiträge beleuchten, wie die Ideen und Ansätze in der Unternehmenswelt eingesetzt werden können. Pragmatisch. Denn das ist unsere Mission.


Quellen:

[1] vgl. Reed/Mang (2012), S. 3f. [2] vgl. Reed/Mang (2012), S. 3f. [3] vgl. Reed/Mang (2017), S. 5 [4] vgl. Hahn/Tampe (2020), S. 460f. [5] vgl. https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/un-generalsekretaer-wir-koennen-viel-von-indigenen-lernen/

[6] vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Transition_Town [7] vgl. Reed/Mang (2017), S. 6f. [8] vgl. Reed/Mang (2017), S. 8 [9] vgl. Reed/Mang (2017), S. 10 [10] vgl. Hahn/Tampe (2020), S. 457 [11] vgl. Prof. Dr. Schmidkonz (2022) [12] vgl. Hahn/Tampe (2020), S. 459

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